Kampagnen & Aktionen

Wir lassen Bayer-Monsanto keine Ruhe

Auch 2019 haben wir uns mit den großen Konzernen angelegt und für die agrarökologische Wende gestritten

von Bassermann und Luig
Veröffentlicht 10. AUGUST 2020

April 2019: Zum dritten Mal nahm INKOTA an einer Bayer-Hauptversammlung teil. Doch diese Hauptversammlung war eine historische: Zum ersten Mal wurde der Vorstand eines DAX-Unternehmens von seinen Aktionär*innen nicht entlastet. Die schlechte Stimmung unter den Anteilseigner*innen lag vor allem an den enormen Wertverlusten der Bayer-Aktie nach der Übernahme des berüchtigten Gen-Saatgut- und Glyphosat-Herstellers Monsanto im Juni 2018. Denn vor allem in den USA sieht sich Bayer mit einer Klagewelle von Krebspatient*innen konfrontiert, die ihre Krankheit auf den Einsatz des Unkrautvernichters Glyphosat zurückführen. Zur Erinnerung: Die der Weltgesundheitsorganisation unterstehende Internationale Krebsforschungsagentur hat Glyphosat für den Menschen als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft.

Mit unserer 2019 veröffentlichten Broschüre „Advancing Together? Ein Jahr Bayer-Monsanto: eine kritische Bilanz“ haben wir den Kritiker*innen Bayer-Monsantos weitere Argumente geliefert, indem wir Menschen in den Fokus nahmen, die in der öffentlichen Debatte bislang nur am Rande erwähnt wurden: Menschen im globalen Süden. Der Leverkusener Chemiekonzern verkauft zum Teil gentechnisch verändertes Saatgut an Bäuer*innen im globalen Süden. Dieses Hochleistungssaatgut verdrängt lokales bäuerliches Saatgut – wofür Bayer Lobbyismus betreibt, wie wir am Beispiel Argentiniens zeigen konnten. Zu dem Saatgut verkauft Bayer die passenden Pestizide, die die Gesundheit von Bäuer*innen, Landarbeiter*innen und Anwohner*innen massiv schädigen, zum Beispiel in den Anbaugebieten von Gen-Soja in Südamerika oder Zuckerrohr in Zentralamerika.

Laute Kritik vor aller Öffentlichkeit

Auf die vielen Widersprüche in der Unternehmenspolitik hat INKOTA-Referentin Lena Luig bei ihrer Rede auf der Hauptversammlung von Bayer hingewiesen. Das Rederecht hatte sie dank einer Stimmrechtsübertragung über den Dachverband der Kritischen Aktionär*innen erhalten. So bekamen erstmalig nicht nur der Bayer-Vorstand und -Aufsichtsrat, sondern alle anwesenden Aktionär*innen INKOTAs Kritik zu hören! Die Antwort des Vorstandsvorsitzenden Baumann fiel vage aus.

Doch es gab ein Wiedersehen: Lena Luig wurde in den folgenden Wochen zu zwei Diskussionsrunden mit je einem Vertreter von Bayers Agrarsparte eingeladen. Die Diskussionen zeigten: Viele Menschen teilten unsere Kritik daran, dass Bayer in der EU nicht genehmigte Pestizide in Ländern des globalen Südens vermarktet.

Weiter voran – mit neuen Partnern

Das Erfreuliche: Bayer nimmt unsere Kritik ernst. Bereits im Juni kündigte der weltweit zweitgrößte Pestizidhersteller an, seine eigenen Standards für die Pestizidzulassung verschärfen zu wollen und sich nicht mehr nur nach den – oftmals schwächeren – Bestimmungen in den Abnehmerländern zu richten. Bislang liegen noch keine Ergebnisse dieses Prozesses vor, weshalb wir die Versprechen mit Vorsicht genießen. Dieser Vorstoß zeigt jedoch: Mit Verbündeten und Hartnäckigkeit ist es möglich, auch große Konzerne wie Bayer in Zugzwang zu bringen!

INKOTA vertieft deshalb 2020 seine Arbeit zu den Doppelstandards in der Pestizidvermarktung. Hierfür möchten wir unter anderem unsere Arbeit mit der „Permanenten Kampagne gegen Agrargifte und für das Leben“, einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis in Brasilien, ausbauen. Außerdem nehmen wir den weltweit drittgrößten, ebenfalls deutschen Pestizidhersteller BASF in den Fokus. Gemeinsam mit dem Pestizid Aktions-Netzwerk in Deutschland wollen wir uns für ein Exportverbot für Pestizidwirkstoffe aus Deutschland einsetzen, die in der EU aufgrund von Umwelt- und Gesundheitsrisiken verboten sind.

Agrarökologie

Ausstellung „Zukunft säen“

Wie kann künftig ausreichend gesundes und vielfältiges Essen für alle Menschen produziert werden, ohne dafür Menschen und Umwelt auszubeuten? Unsere neue Ausstellung „Zukunft säen – Wer ernährt die Welt von morgen“ greift diese Fragen auf. Grafiken und Beispiele veranschaulichen, was schief läuft im aktuellen Landwirtschafts- und Ernährungssystem. An zwei Hörstationen kommen Kleinbäuer*innen aus dem globalen Süden selbst zu Wort. Sie verdeutlichen: Agrarökologie ist auf allen Kontinenten erprobt und eine echte Alternative zum heute vorherrschenden industriellen Agrarmodell, das zu Lasten von Menschen und Umwelt läuft.

Positionspapier: Agrarökologie stärken!

Anlässlich der Grünen Woche im Januar präsentierte INKOTA im Bündnis mit 56 zivilgesellschaftlichen Organisationen einen umfangreichen Forderungskatalog: Die Bundesregierung soll unter anderem agrarökologische Maßnahmen bis 2021 mit 300 Millionen Euro unterstützen und in ihrer Klimapolitik berücksichtigen. Unsere Forderungen konnten wir direkt mit einem hochrangigen Vertreter des Entwicklungsministeriums diskutieren – vor 250 Zuhörer*innen.

Positionspapier
Positionspapier: Agrarökologie stärken
Für eine grundlegende Transformation der Agrar- und Ernährungssysteme
Positionspapier
Positionspapier: Agrarökologie stärken
Für eine grundlegende Transformation der Agrar- und Ernährungssysteme
Armut, Hunger, Artensterben, Bodenzerstörung, Klimakrise – hunderte Millionen von bäuerlichen Erzeuger*innen sind davon betroffen. Die industrielle Landwirtschaft bedroht nachweislich die Existenz (klein-)bäuerlicher Erzeuger*innen. Sie gefährdet die natürlichen Lebensgrundlagen hierzulande und…

Agrarökologie – Im Bundestag angekommen

Die Forderungen und Debatten zeigten Wirkung: Das Entwicklungsministerium hat erste Schritte unternommen, seine Landwirtschaftsprojekte agrarökologischer zu gestalten. Auch die Koalitions-Fraktionen von SPD und CDU/CSU im Bundestag wurden überraschend aktiv. Kurz vor der Sommerpause forderten sie die Bundesregierung dazu auf, die „Potenziale aus der Agrarökologie anzuerkennen und zu unterstützen.“ Die Forderungen: nicht mehr nur einseitig auf Produktionssteigerung in der Landwirtschaft setzen, Agrarökologie als vielfältiges Konzept zur Überwindung von Armut auf dem Land stärken, mehr Geld in agrarökologische Forschung investieren und mehr Wissensaustausch über Agrarökologie zwischen Bauernorganisationen ermöglichen. Damit dies keine Eintagsfliege bleibt, werden wir 2020 in einem Bilanzpapier der Regierung auf die Finger schauen.

Dieser Text ist im Jahresbericht 2019 erschienen

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