Frisches Obst und Gemüse, ein Milchglas, Joghurt und Kerne liegen dekorriert auf einem Tisch
Südlink-Magazin

Lebensmittel & Klima

Wie groß die Klimaauswirkungen pflanzlicher und tierischer Produkte tatsächlich sind und was mit Blick auf deren Erzeugung noch berücksichtigt werden sollte. Ein Glossar

von Lena Luig und Tobias Lambert
Veröffentlicht 4. MÄRZ 2022

Die heutige Landwirtschaft ist verantwortlich für rund ein Drittel des weltweiten Treibhausgasausstoßes. Viele Konsument*innen fragen sich deshalb: Welche Lebensmittel sind besonders klimaschädlich und welche besonders klimafreundlich? In diesem Glossar haben wir eine Übersicht mit kurzen Informationen zu verschiedenen Lebensmitteln erstellt.

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Südlink 199 - Klimagerechte Landwirtschaft
Ohne Agrarwende geht es nicht | März 2022
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Südlink 199 - Klimagerechte Landwirtschaft
Ohne Agrarwende geht es nicht | März 2022
Die momentan betriebene Landwirtschaft trägt nicht nur stark zum Klimawandel bei. Sie leidet auch selbst enorm unter der sich verschärfenden Klimakrise. Seit Beginn der sogenannten Grünen Revolution sind Landwirtschaft und Tierhaltung immer klimaschädlicher geworden…

Wie klimagerecht sind welche Lebensmittel?

Butter, Margarine und (veganer) Käse

Butter ist mittlerweile als regelrechter Klimakiller bekannt. Laut dem Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg schlägt die Herstellung von einem Kilogramm Butter in Deutschland mit neun bis 11,5 Kilogramm CO2-Äquivalenten zu Buche, die Herstellung von einem Kilogramm Margarine dagegen im Durchschnitt nur mit 1,7 bis 2,8 Kilogramm CO2-Äquivalenten.

Es macht allerdings einen Unterschied, ob in der Margarine Palmöl enthalten ist, für dessen Anbau etwa in Südostasien nach wie vor Regenwälder abgeholzt und Menschen vertrieben werden. Außerdem ist Margarine pauschal gesehen keineswegs gesünder, gerade wenn man ein hochverarbeitetes Produkt auf Basis von industriell hergestelltem und durch die Fettsäure-Zusammenstellung entzündungsförderndes Sonnenblumenöl mit Weidebutter vergleicht.

Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Vergleich von „echtem“ und veganem Käse: Während der Fußabdruck von einem Kilo Schnittkäse zwischen sechs und sieben Kilo CO2-Äquivalente rangiert, sind „vegane Genießerscheiben“ auf Kokosfettbasis für lediglich zwei Kilo CO2-Äquivalente verantwortlich. Es handelt sich allerdings in der Regel um hochverarbeitete Produkte, bei der eine ganze Reihe Aroma- und Farbstoffe eingesetzt werden.

Fleisch

Fleisch ist nicht nur äußerst beliebt – es ist auch ein echter Klimakiller. Die Nutztierhaltung ist allein für 14,5 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich. Etwa 70 Prozent der weltweiten Ackerflächen werden für die Produktion von Fleisch verwendet, für Weideflächen und für den Anbau großer Mengen an Futterpflanzen. Laut einer Studie des Umweltbundesamts stößt die Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch 30,5 Kilogramm CO2-Äquivalente aus. Bei Schweinefleisch sind es 4,1 Kilogramm, bei Geflügel bei 4,3. Der extrem hohe Wert von Rindfleisch hängt vor allem damit zusammen, dass Rinder beim Wiederkäuen das klimaschädliche Methan erzeugen.

Bio-Fleisch hat zwar viele Vorteile gegenüber konventionell erzeugtem Fleisch. So wird das verwendete Tierfutter ohne Pestizide oder Gentechnik hergestellt und den Tieren nicht präventiv Antibiotika verabreicht. Laut verschiedenen Studien kann Bio-Fleisch allerdings sogar klimaschädlicher sein. Denn artgerechte Haltung bedeutet zum Beispiel, dass die Tiere länger leben, mehr Gras fressen und im Falle von Wiederkäuern mehr Methan ausstoßen.

Gemüse

Wer sich ausschließlich pflanzlich ernährt, kann den eigenen CO2-Fußabdruck am deutlichsten minimieren. Am besten ist die Klimabilanz von saisonal und regional angebautem frischem Gemüse. So fallen für ein Kilogramm Blumenkohl, Karotten, Kartoffeln, Kürbis, Lauch, Zwiebeln oder Zucchini jeweils nur etwa 200 Gramm CO2-Äquivalente an. Bei Brokkoli, Feldsalat und Tomaten sind es 300 Gramm, bei Erbsen 400 Gramm.

Wird das Gemüse tiefgekühlt oder eingelegt, erhöht sich der Wert um das Zwei- bis Vierfache, bei außerhalb der Saison im beheizten Gewächshaus angebautem Gemüse wie Tomaten gar fast um das Zehnfache.

Insektenburger

Bei der Produktion von einem Kilogramm gefriergetrockneten Insekten fällt nur etwa ein Drittel der Treibhausgasemissionen an, die bei der Herstellung von einem Kilogramm Hühnerfleisch entstehen. Auch die mögliche Verwendung von Speiseabfällen als Futtermittel für die Insekten ist aus Ressourcenperspektive interessant, in der EU jedoch aus hygienischen Gründen verboten. Zudem punkten Insekten – als Burger, Riegel oder salziger Snack – mit einem hohen Proteingehalt von 25 bis 75 Prozent und einer ganzen Palette an wertvollen Nährstoffen wie Eisen, Magnesium, Selen und Zink.

Bisher werden Insekten zum Verzehr meist wild gesammelt oder in kleinen Zuchtbetrieben – vor allem in Südostasien – aufgezogen. Zunehmend werden aber auch größere, industrielle Insektenfarmen in Betrieb genommen. Der Marktausweitung in Europa steht bisher vor allem eines im Weg: Ekel. Laut einer Umfrage von 2016 unter Verbraucher*innen in Deutschland gaben 800 der 1.000 Befragten an, sich mehr oder weniger stark vor Insekten zu ekeln.

In-Vitro-Fleisch

Das im Labor in Zellkulturen gezüchtete Fleisch verspricht echte Muskelfasern und Fett, aber ohne die übliche Tierhaltung. Bisher wird In-Vitro-Fleisch allerdings ausschließlich zu Forschungszwecken gezüchtet und noch nicht kommerziell vertrieben. Für die meisten Verbraucher*innen wäre der derzeitige Preis auch noch unbezahlbar. Der erste verzehrfertige Burger aus In-Vitro-Fleisch entstand 2013 in den Niederlanden, schmeckte angeblich nur mittelmäßig gut und kostete in der Entwicklung schlappe 300.000 US-Dollar. Schätzungen zufolge könnte der Marktpreis für künstlich gezüchtetes Fleisch irgendwann bei 10 bis 15 US-Dollar pro Kilogramm liegen, was noch immer vergleichsweise hoch wäre.

Forscher*innen sind der Ansicht, dass In-Vitro-Fleisch beim Flächen- und Wasserverbrauch künftig besser abschneiden wird als herkömmliches Fleisch. Negativ zu Buche schlägt allerdings der hohe Energieverbrauch.

Auch kommt die aktuelle Forschung noch nicht ohne Tierleid aus. Bisher wird als Nährmedium nämlich fötales Kälberserum verwendet. Um dieses zu gewinnen, muss einer geschlachteten trächtigen Kuh die Gebärmutter entnommen werden und dem Fötus das Blut aus dem Herzen gesogen werden. In Zukunft soll es auch dazu Alternativen geben, als aussichtsreicher Ersatz gelten Algen.

Kaffee und Tee

Für viele Menschen beginnt der Morgen mit einer heißen Tasse duftendem Kaffee. Ein Kilogramm Kaffeepulver schlägt dabei mit 5,6 Kilogramm CO2-Äquivalenten zu Buche. Bei etwa sechs bis acht Gramm Pulver pro Tasse scheint dies gar nicht so viel zu sein. Rechnet man allerdings die für die Zubereitung verbrauchte Energie und womöglich noch die Verwendung von Kuhmilch dazu, verschlechtert sich die Klimabilanz deutlich. Für ein einziges Glas Caffè Latte können dann schon mehr als 0,5 Kilogramm CO2-Äquivalente anfallen. Wer ein Auge auf die Ökobilanz wirft, sollte den Kaffee also lieber schwarz trinken oder pflanzliche Alternativen wie Hafermilch beimischen.

Allgemein besser als Kaffee schneidet Tee ab. Um ein Kilogramm Teeblätter zu ernten, ist im Vergleich zu Kaffeebohnen weniger als die Hälfte der Fläche notwendig. Auch die Verarbeitung ist weniger energieaufwendig. Für eine Tasse Tee werden zudem meist nur zwei bis drei Gramm Teeblätter verwendet. Ebenso wie beim Kaffee gilt auch beim Tee: für die Klimabilanz besser ohne Kuhmilch trinken.

Kuhmilch und Pflanzenmilch

Kuhmilch gerät aufgrund ihrer Klimabilanz immer stärker in Verruf: So entstehen bei der Herstellung, der Verarbeitung und beim Transport von einem Liter im globalen Durchschnitt 2,4 Kilogramm CO2-Äquivalente – ebenso viele Treibhausgase wie bei der Verbrennung von einem Liter Benzin.

Die beliebteste Alternative Sojamilch verursacht im Vergleich nur ein Viertel der Treibhausgase – vorausgesetzt, die Sojabohne kommt aus Europa. Gleichzeitig ist umstritten, ob der Verzehr großer Mengen Sojaprodukte gesundheitlich unbedenklich ist.

Eine weitere beliebte Kuhmilchalternative ist Hafermilch: Das Getreide kann problemlos in Europa angebaut werden und für die Herstellung von einem Liter Hafermilch entstehen fast 70 Prozent weniger Treibhausgase als für einen Liter Kuhmilch.

Weniger günstig ist die allgemeine Ökobilanz für Reis- und Mandelmilch: Sowohl Reis als auch Mandeln haben im Anbau einen sehr hohen Wasserverbrauch und beim Reisanbau entsteht zudem das besonders klimaschädliche Methan.

Südfrüchte

Gern wird in Bezug auf den individuellen Einkaufskorb darauf verwiesen, dass regionales Obst und Gemüse viel klimafreundlicher seien als Südfrüchte. Im Vergleich zur Wahl zwischen tierischen Produkten und ihren pflanzlichen Alternativen ist der Unterschied im CO2-Fußabdruck von Früchten jedoch nur marginal: Während pro Kilogramm Äpfel aus der Region 0,3 beziehungsweise 0,4 Kilogramm CO2-Äquivalente entstehen (je nachdem, ob sie saisonal im Herbst oder im April konsumiert werden), ist der Fußabdruck von per Schiff importierten Bananen, Avocados oder Ananas mit je 0,6 Kilogramm CO2-Äquivalenten nur wenig größer. Einen wichtigen Unterschied macht allerdings das Transportmittel: Bei Flug-Ananas liegt der Fußabdruck schon bei rund 15 Kilogramm CO2-Äquivalenten pro Kilogramm Frucht.

Die Avocado ist allerdings durch ihren enorm hohen Wasserverbrauch von 1.000 bis 2.000 Liter Wasser pro Kilogramm Frucht in Verruf geraten. Im Vergleich zu anderen Früchten ist dieser Wasser-Fußabdruck in der Tat hoch (pro Kilo Äpfel werden rund 800 Liter Wasser benötigt), zumal der Anbau meist in eher trockenen Regionen erfolgt und somit auf künstliche Bewässerung angewiesen ist. Vergleichbar ist jedoch der Anbau von Oliven: So fallen pro Kilogramm Oliven rund 3.000 Liter Wasser an. Noch höher ist der Wasserverbrauch für Butter, Käse, Fleisch und Kaffee.

Superfoods

Chiasamen, Gojibeeren, Amaranth, Quinoa oder Açaí: In den letzten Jahren haben immer mehr sogenannte Superfoods ihren Weg in die deutschen Supermarktregale gefunden. Sie sollen freie Radikale im Körper bekämpfen und somit Krebs vorbeugen, den Blutzuckerspiegel regulieren, den Blutdruck senken, entzündlichen Erkrankungen im Körper vorbeugen oder eine verjüngende Wirkung haben.

Doch die Sache hat zwei Haken: Zum einen sind die wenigsten der genannten Superfoods heimisch (auch wenn etwa Amaranth und Quinoa inzwischen teilweise in den Alpen angebaut werden). Zum anderen handelt es sich zumeist um traditionelle Produkte aus kleinbäuerlicher Erzeugung, die plötzlich zum Exportschlager geworden sind.

Durch den Boom kommt es nun etwa im Fall von Quinoa dazu, dass die gestiegene Nachfrage zunehmend durch größere Betriebe in den Andenländern gedeckt wird. Den Kleinbäuerinnen und Kleinbauern wird somit ein Teil des Marktes „weggenommen“, während vor allem einkommensschwache Verbraucher*innen in den Anbauländern unter den gestiegenen Preisen des Grundnahrungsmittels leiden.

Tofu

Bei manchen Fleischesser*innen hält sich wacker die Behauptung, Vegetarier*innen seien mit ihrem Tofu-Konsum dafür mitverantwortlich, dass im globalen Süden der Regenwald abgeholzt wird. Tatsächlich hat die Ausweitung der Anbauflächen für (Gen-)Soja in Südamerika dramatische Folgen für die Menschen und die Umwelt vor Ort. Doch wird diese Soja zu 85 Prozent an Tiere verfüttert, die am Ende als Steak oder Schnitzel auf dem Teller landen. Die Klimabilanz von Tofu hingegen ist mit einem Kilogramm CO2-Äquivalent pro Kilogramm Tofu vergleichsweise gering.

Veggi-Burger

Früher eher belächelt, kommt heute kaum noch ein urbaner Burger-Laden ohne vegetarische und vegane Kreationen auf der Speisekarte aus. Auch viele Supermärkte haben längst fleischlose Alternativen zur Bulette im Angebot.

Sie basieren zum Beispiel auf verarbeitetem Getreide, Gemüse, Hülsenfrüchten oder Pilzen und versuchen mal mehr, mal weniger stark den Geschmack von Fleisch zu imitieren. Besser als Fleisch ist dies aus Klimaperspektive allemal. Für die Herstellung eines Kilogramms Fleischersatz auf pflanzlicher Basis werden laut Umweltbundesamt 2,8 Kilogramm CO2-Äquivalente ausgestoßen, also weniger als ein Zehntel als bei Rindfleisch.

Auch beim vegetarischen oder veganen Burgerpatty zeigt sich aber, dass es einen Unterschied macht, wo und unter welchen Bedingungen die pflanzliche Basis angebaut wird. Doch selbst wenn Fleischersatz-Patties tiefgekühlt aus den USA importiert werden, ist ihre Klimabilanz noch deutlich besser als jene von Rindfleisch.

Schokolade

Auch Schokolade wird gern als Klimasünder aufgeführt. Da ein Kilogramm Vollmilchschokolade mit rund vier Kilogramm CO2-Äquivalenten zu Buche schlägt, ist die Klimabilanz definitiv schlechter als jene von Obst. Hinzu kommt, dass Entwaldung für Kakaoanbau nach wie vor ein großes Problem ist. Denn gerade bei der Rodung tropischer Regenwälder wird enorm viel CO2 freigesetzt.

Gleichzeitig gilt: Je geringer der Milchanteil, desto besser die Klimabilanz. Bitterschokolade ist also deutlich klimafreundlicher als Vollmilchschokolade, verbraucht aber mehr Wasser in der Herstellung.

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Guido Reinhardt, Sven Gärtner und Tobias Wagner: Ökologische Fußabdrücke von Lebensmitteln und Gerichten in Deutschland. ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung, Heidelberg 2020.

Umweltbundesamt: Die Zukunft im Blick: Fleisch der Zukunft. Trendbericht zur Abschätzung der Umweltwirkungen von pflanzlichen Fleischersatzprodukten, essbaren Insekten und In-vitro-Fleisch. Dessau-Roßlau 2019.

Lena Luig ist Referentin für Welternährung und globale Landwirtschaft von INKOTA.

Tobias Lambert ist Redakteur des Südlink.

Lena Luig ist Referentin für Welternährung und globale Landwirtschaft von INKOTA.

Tobias Lambert ist Redakteur des Südlink.

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