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Corona in Nicaragua: Regierung instrumentalisiert Krise

Ein Aufruf für „Liebe in Zeiten von Covid-19“ zu demonstrieren und Hoffnung in den Tourismus während der Karwoche. Was wie ein schlechter Scherz klingt, ist die Antwort der nicaraguanischen Regierung auf die globale Corona-Pandemie.

von Isabell Nordhausen
Veröffentlicht 27. MÄRZ 2020

Oppositionelle, Gesundheitsorganisationen und die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte kritisieren Desinformation durch das Ortega-Regime und befürchten Schlimmes für das Land.

Regierung lässt demonstrieren, bleibt aber fern

Um die Zehntausend Menschen schoben sich am 14. März durch die Straßen der Hauptstadt Managua. Sie folgten einem Aufruf der Regierung, unter dem Motto „Wir gehen mit der Kraft des Glaubens und der Hoffnung. Liebe in Zeiten von Covid-19“ zu demonstrieren. Während die mittelamerikanischen Nachbarländer Maßnahmen wie Quarantänen und Verbote größerer Versammlungen verhängt haben, leugnet die nicaraguanische Regierung nach wie vor die Gefahren des Coronavirus. Das Bezeichnende: Weder Präsident Daniel Ortega noch seine Ehefrau und Vizepräsidentin Rosario Murillo folgten ihrem eigenen Aufruf.

Interamerikanische Kommission für Menschenrechte in Sorge

Auf den ersten Blick erscheint die Situation in Nicaragua noch wenig besorgniserregend: Nur neun Corona-Fälle hat das Land bisher offiziell zu verzeichnen (Stand: 17.04.2020). Doch in den Krankenhäusern häufen sich Fälle von „Lungenentzündungen“ und Oppositionelle und zivilgesellschaftliche Gruppen sind überaus besorgt. Bislang hat die Regierung keinerlei Anstrengungen gezeigt, über Präventionsmöglichkeiten aufzuklären oder transparent über die Corona-Pandemie zu informieren. Um sich selbst zu schützen übernehmen dies nun Teile der Bevölkerung aus eigener Initiative. Die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte zeigte sich in einem Tweet besorgt darüber, dass bislang keine „dringenden Maßnahmen in Übereinstimmung mit internationalen Standards der Gesundheit und Menschenrechte getroffen wurden“. Die Regierung ruft sogar in- und ausländische Tourist*innen aktiv dazu auf, während der bald anstehenden Karwoche im Land zu verreisen.

Weiter Repression gegen Oppositionelle

Während die Regierung also alle Ratschläge von Virolog*innen missachtet, schreckt sie nicht davor zurück, die Krise politisch für ihren Kampf gegen die Opposition zu instrumentalisieren. Oppositionelle Medien berichten davon, dass Plakate in öffentlichen Krankenhäusern aufgetaucht seien. Auf diesen werden oppositionelle Gruppen angegriffen, die über Gefahren des Coronavirus und Möglichkeiten seiner Vorbeugung informieren. Diese Informationskampagnen seien ein „mediales Spektakel der Putschist*innen“. Juan Carlos Ortega, der für seinen extravaganten Lebensstil bekannte Medienunternehmer und Sohn des Präsidentenpaares, twitterte: „Der gefährlichste Virus ist die Lüge.“

Seit dem Ausbruch der Massenproteste gegen die diktatorische Herrschaft Ortegas im April 2018, hat die Regierung die Opposition immer wieder des „Putschismus“ bezichtigt. Die Proteste seien das Resultat einer vom CIA gesteuerten Verschwörung und Lügenkampagne. Die Sicherheitskräfte reagierten mit brutaler Gewalt auf die Proteste, in deren Folge hunderte Menschen starben und tausende Nicaraguaner*innen das Land verlassen haben. Seitdem geht die Regierung noch drastischer gegen Oppositionelle und die Zivilgesellschaft vor. Auch die Arbeit unserer Partnerorganisationen hat darunter zu leiden.

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