Arbeiter*innen in der Leder- und Schuhindustrie stärken
Indien: Mit unseren Partnerorganisationen kämpfen wir für die Rechte von Arbeiter*innen
Geetha* arbeitet in einer Schuhfabrik im südindischen Bundesstaat Tamil Nadu am Fließband. Damit gehört sie zu den über 2,5 Millionen Menschen, die in der indischen Leder- und Schuhindustrie beschäftigt sind. Die allermeisten von ihnen leben in Armut und arbeiten in ausbeuterischen Verhältnissen – gegen die sie sich häufig nur schwer wehren können. Viele der Arbeiter*innen gehören zu benachteiligten Gruppen, wie der muslimischen Minderheit oder den Dalit, sind Frauen und Binnenmigrant*innen. Arbeiter*innen in der Lederindustrie im indischen Tamil Nadu verdienen gerade einmal 80 Euro pro Monat. Aus unserer langjährigen Arbeit wissen wir: Das sind 280 Euro weniger, als sie für ein würdiges Leben brauchen. Und es ist genauso viel wie ein einziges Paar Herrenschuhe aus Leder im Fachhandel in Deutschland – dem zweitwichtigsten Abnehmer für Lederwaren aus Indien – durchschnittlich kostet.
Geetha hat 2019 an einer Schulung unserer Partnerorganisation Cividep teilgenommen. Nun ist sie über ihre Grundrechte als Arbeiterin aufgeklärt und kann sich gegen die Beschimpfungen und Schikanen des Vorarbeiters besser wehren. Während der Schulung konnte sie sich auch das erste Mal vertrauensvoll mit ihren Kolleg*innen austauschen – Gespräche in der Fabrik sind unmöglich und nach der Arbeit gibt es zu Hause viel zu tun.
Hilfe im Kleinen, Druck im Großen
Mit unseren Partnerorganisationen stärken wir Leder- und Schuharbeiter*innen wie Geetha in den indischen Bundesstaaten Uttar Pradesh und Tamil Nadu den Rücken. 2019 haben unsere Partnerorganisationen SLD und Cividep 14 Schulungen auf Hindi und Tamil durchgeführt. 400 Fabrik- und Heimarbeiter*innen lernten ihre Grundrechte kennen. Ihre Trainings verbinden SLD und Cividep mit konkreter Unterstützung. So konnten sich einige Fabrikarbeiter*innen mit einem Rechtsbeistand erfolgreich gegen illegale Kündigungen wehren. Zahlreiche Heimarbeiter*innen bekamen Hilfe beim Beantragen von Sozialunterstützung. Durch die Schulungen wurden Arbeiter*innen motiviert, sich in Gruppen zu organisieren.
INKOTA bleibt jedoch nicht an der Basis stehen: Die Forderungen der Arbeiter*innen müssen bei Regierungen, Arbeitgebern und internationalen Schuhkonzernen Gehör finden. 2019 sind wir in Deutschland auf Schuhunternehmen zugegangen, die in Indien produzieren lassen. Immerhin hat die Nachhaltigkeitsinitiative der deutschen Schuhindustrie CADS nun einen Verhaltenskodex verabschiedet. Doch Papier ist geduldig – die Schuhbranche muss 2020 konkret handeln. Nicht umsonst wurde die Schuh- und Lederbranche von der Bundesregierung im vergangenen Jahr als menschenrechtliche Risikobranche eingestuft.
*Name aus Sicherheitsgründen geändert
Dieser Text ist im Jahresbericht 2019 erschienen