Angst vor Beschwerden in der Schuhbranche
neue Studie belegt: Arbeitsrechte in der Schuh- und Lederindustrie mangelhaft geschützt
Indische Arbeiter*innen haben Angst, Beschwerden einzureichen. Sie fürchten sich vor Konsequenzen und Diskriminierung. Zu diesem erschreckenden Ergebnis kommt eine neue INKOTA-Studie. Deutsche Unternehmen sind in der Pflicht, diese Praxis zu beenden – dazu sind sie auch laut Lieferkettengesetz verpflichtet.
Beschwerdemöglichkeiten in der Lieferkette von Schuhen und Leder sind defizitär
Entlang globaler Lieferketten entspinnt sich ein Netz aus prekären Lebens- und Arbeitsbedingungen. Um diese endlich zu verbessern, gibt es viele Regulierungen und Gesetze der UN, der EU aber auch deutsche Gesetze, wie zum Beispiel das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Diese sollen verhindern, dass Menschenrechte verletzt werden. Sie sollen ebenfalls regeln, wie Arbeiter*innen sich beschweren können, falls es zu Problemen kommt und /oder Arbeitsrechte verletzt werden. In der Theorie eine gute Idee. Doch wie werden diese sogenannten „Beschwerdemechanismen“ umgesetzt? Wissen Beschäftigte von diesen Systemen? Wir haben bei indischen Arbeiter*innen nachgefragt.
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Die Ergebnisse sind erschütternd: Arbeitnehmer*innen haben verschiedene Hindernisse Beschwerden einzureichen: Unter anderem gibt es zu wenige Vertretung durch Gewerkschaften und es ist unklar, wie Beschwerden sicher eingereicht werden können. Außerdem haben sie Angst vor Konsequenzen in Form von Verlust des Arbeitsplatzes, des Lohns oder der Sozialleistungen. Auch waren die Arbeitnehmer*innen skeptisch gegenüber den bestehenden Mechanismen, die ihrer Meinung nach von der Unternehmensleitung komplett manipuliert würden. Die aktuell etablierten Systeme für Beschwerde und Abhilfe in der Lieferkette von Schuhen und Leder sind defizitär. Sie erfüllen nicht die Kriterien der Wirksamkeit der UN-Leitprinzipien oder den Ansprüchen des Lieferkettengesetzes.
Deutsche Schuhunternehmen in der Pflicht
Untersucht wurde der Zugang und die Wirksamkeit von Beschwerdesystemen in Produktionsstätten u.a. von Zara, Bata, Bugatti, Clarks, Deichmann, Ecco, Jack & Jones, Mango oder Xero Schuhe. Laut zugänglichen Handelsdaten aus dem Jahr 2023 fallen die Unternehmen unter das Sorgfaltspflichtengesetz (LkSG) und/ oder sind Mitglieder diverser Initiativen (wie amfori BSCI, CADS, der Fair Wear Foundation und des Textilbündnis). Mit den Ergebnissen dieser Studie möchten wir in den Dialog mit den Akteuren der Wertschöpfungskette gehen und die Implementierung von effektiven Beschwerdesystemen in indisch-deutschen Beschwerdesystemen in deutsch-indischen Lieferketten der Leder- und Schuhindustrie diskutieren
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Um indischen Arbeitnehmer*innen den Zugang zu Rechtsmitteln zu ermöglichen, braucht es eine gemeinsame, aber differenzierte Verantwortung der führenden Unternehmen (Marken/Einkäufer) zusammen mit Sozialstandard-Initiativen, Zulieferbetrieben, Organisationen der Zivilgesellschaft und Arbeiterkollektiven auf lokaler und globaler Ebene. Im Arbeitspapier Ein effektives System für Beschwerde und Abhilfe innerhalb transnationaler Lieferketten haben wir bereits sehr praktische Gestaltungsmöglichkeiten zur Bewältigung dieser Aufgabe zusammengefasst. INKOTA, CIVIDEP und SLD werden ein kurzes Handbuch mit Empfehlungen für Praktiker*innen veröffentlichen.