Bundesregierung muss Konzernmacht in der digitalen Welt beschränken: Breites NGO-Bündnis formuliert Vorschläge zur Marktregulierung
[Berlin, 12. Dezember 2018] – Die enorme Marktmacht von Digitalkonzernen wie Google und Facebook gefährdet den Datenschutz und verschärft Abhängigkeiten in der Gesellschaft. Davor warnt die Initiative „Konzernmacht beschränken“. In einem heute veröffentlichten Diskussionspapier weist das NGO-Bündnis auf Regulierungslücken des Digitalmarktes hin und fordert die Bundesregierung auf, durch Gesetzesänderungen Monopolbildungen zu verhindern und die Marktmacht von Konzernen zu beschränken.
[Berlin, 12. Dezember 2018] – Die enorme Marktmacht von Digitalkonzernen wie Google und Facebook gefährdet den Datenschutz und verschärft Abhängigkeiten in der Gesellschaft. Davor warnt die Initiative „Konzernmacht beschränken“. In einem heute veröffentlichten Diskussionspapier weist das NGO-Bündnis auf Regulierungslücken des Digitalmarktes hin und fordert die Bundesregierung auf, durch Gesetzesänderungen Monopolbildungen zu verhindern und die Marktmacht von Konzernen zu beschränken.
Wer die digitale soziale Infrastruktur kontrolliert, setzt heute die Informations- und Kommunikationsstandards im privaten und öffentlichen Raum. Zudem ist damit Zugang zu umfangreichen Daten verbunden, die einen hohen ökonomischen Wert haben und die Basis von selbstlernenden Algorithmen bilden. Diese Macht und dieses Wissen sollten aus demokratischer Perspektive nicht in den Händen weniger Konzerne liegen. Doch die digitale Ökonomie wird bereits heute im Wesentlichen von Alphabet (Google), Amazon, Facebook, Apple und Microsoft dominiert. Google beherrscht beispielsweise 90 Prozent des Suchmaschinenmarkts und Facebook hält mehr als 90 Prozent der Nutzeranteile.
Die Monopolbildung wird einerseits durch Netzwerkeffekte befördert, das heißt je mehr NutzerInnen ein Dienst hat, desto attraktiver wird er für weitere KundInnen. Andererseits sind die Internetkonzerne durch Fusionen und Übernahmen gewachsen, die von Kartellbehörden genehmigt wurden. Monopole sind weder in Deutschland noch in Europa verboten. „Die Bundesregierung muss durch Gesetzesänderungen die Monopolbildung verhindern und die Marktmacht von Konzernen beschränken“, fordert Lena Michelsen, Referentin beim entwicklungspolitischen INKOTA-netzwerk. Hätten die Kartellbehörden in Europa größere Befugnisse, könnten sie der Marktkonzentration innerhalb ihres Einflussbereiches etwas entgegensetzen.
Folgen für Datenschutz bei Fusionskontrolle stärker prüfen
Das Bundesverfassungsgericht hat in verschiedenen Urteilen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung anerkannt und gestärkt. Doch der Datenschutz droht im großen digitalen Geschäft dennoch auf der Strecke zu bleiben. Datenschutzbeauftragte beklagen, dass wirksame Garantien gegen eine Erosion des Datenschutzes im Zuge von Fusionen fehlen. So untersuchen Kartellbehörden bislang nicht, ob die Zusammenführung der Daten dem gesetzlich verankerten Datenschutz zuwiderläuft. „Bei Übernahmen von Unternehmen, insbesondere mit datenschutzfreundlichen Geschäftsmodellen, müssen die Folgen für den Datenschutz mit geprüft werden“, erklärt Thomas Dürmeier, Geschäftsführer von Goliathwatch. Das Bundeskartellamt sollte bei Fusionen mit Big Data-Bezug eine Stellungnahme der Datenschutzbehörden einholen und angemessen berücksichtigen müssen.
Landwirtschaft 4.0 kann (klein-)bäuerliche Betriebe gefährden
Während die Gefahren der Marktkonzentration bei Internetkonzernen intensiv diskutiert werden, ist dies im Agrarsektor kaum der Fall. Dabei weist dieser bereits heute eine hohe Konzentration auf und die Digitalisierung schreitet auch dort voran: Die drei größten Konzerne kontrollieren rund 60 Prozent des globalen Saatgut- und Agrarchemiemarktes. „Die Digitalisierung der Landwirtschaft gefährdet die Lebensgrundlagen vieler Kleinbauern und Kleinbäuerinnen in Entwicklungsländern, aber auch der bäuerlichen Betriebe im Norden“, erklärt Marita Wiggerthale, Agrarexpertin der Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam. Für kapitalschwache bäuerliche Betriebe, erst recht im Globalen Süden, lohnen sich die teuren Maschinen in der Landbewirtschaftung nicht. „Aus ‚wachse oder weiche‘ wird ‚digitalisiere oder weiche‘“, warnt Wiggerthale. Der Weg zu einer großflächigen und industrialisierten Landwirtschaft wird zementiert, Umweltprobleme bleiben strukturell ungelöst.
Die Initiative „Konzernmacht beschränken“
Die Initiative „Konzernmacht beschränken“ ist ein breites Bündnis von 28 Umwelt-, Landwirtschafts-, und Entwicklungsorganisationen. Ihre Forderung an die Bundesregierung: Das Kartellrecht verschärfen, um die Marktmacht von Konzernen zu begrenzen.
Das Bündnis „Konzernmacht beschränken“ wird getragen von: Agrar Koordination, Aktion Agrar, Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, BUKO Pharma-Kampagne, Bund für Umwelt und Naturschutz, Chaos-Computer-Club, Deutscher Naturschutzring, Deutsche Umwelthilfe, Die Freien Bäcker, Digitalcourage, Entwicklungspolitisches Netzwerk Hessen, Finance Watch, Forum Fairer Handel, Forum Umwelt & Entwicklung, Germanwatch, Global Policy Forum, Goliathwatch, INKOTA-netzwerk, Oxfam, PAN Germany, PROVIEH, Save Our Seeds, Seeds Action Network, Slow Food, Umweltinstitut München, Weltladen-Dachverband, Werkstatt für Ökonomie.
Weiteres Material:
Diskussionspapier "Konzernmacht in der digitalen Welt"
Ansprechpartner*innen weiterer Organisationen:
Thomas Dürmeier, Goliathwatch, Mobil: 0177 42 82 92 5, E-Mail: duermeier@goliathwatch.de
Marita Wigerthale, Oxfam, Mobil: 01621 38 63 21, E-Mail: mwiggerthale@oxfam.de
Annemarie Volling, Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, Tel.: 04131 40 07 20, E-Mail: volling@abl-ev.de
Nelly Grotefendt, Forum Umwelt & Entwicklung, Tel.: 030 67 81 77 59 3, E-Mail: grotefendt@forumue.de