Studie: Kinderarbeit im Kakaoanbau
1,5 Millionen Kinder arbeiten auf den Kakaoplantagen in der Côte d'Ivoire und Ghana – obwohl die Schokoladenindustrie schon lange versprochen hatte, die Kinderarbeit zu beenden.
Verbraucher*innen in Deutschland müssen davon ausgehen, dass in ihrer Schokoladentafel mit hoher Wahrscheinlichkeit ausbeuterische Kinderarbeit steckt. Davon müssen wir nach den Erkenntnissen einer gestern im Auftrag des US-Arbeitsministeriums veröffentlichten Studie ausgehen. Das Schlimme: Die Schokoladenindustrie weiß um den Missstand, hat aber trotz vielmaliger Versprechen viel zu wenig dagegen unternommen. „Die Schokoladenindustrie hat ihr Versprechen gebrochen“, fasst INKOTA-Referent Johannes Schorling zusammen. Um die Schokoladenindustrie auf die Einhaltung ihrer Versprechen zu verpflichten, brauchen wir in Deutschland endlich ein wirksames Lieferkettengesetz.
Auf 1,5 Millionen schätzen die Forscher*innen des National Opinion Research Center (NORC) der Universität Chicago die Zahl der Kinder, die unter ausbeuterischen Bedingungen auf Kakaoplantagen in der Côte d'Ivoire und in Ghana arbeiten. Aus den beiden westafrikanischen Staaten stammen etwa 70 Prozent des Kakaos, der in deutschen Süßwaren verarbeitet wird. Damit geht rund jedes zweite Kind, das in den landwirtschaftlichen Regionen der Côte d'Ivoire und Ghanas lebt, ausbeuterischer Kinderarbeit nach.
Trotz Versprechen: keine Abnahme von Kinderarbeit
Bereits 2001 hatten Schokoladenhersteller wie Mars und Nestlé im Harkin-Engel-Protokoll versprochen, die schlimmsten Formen der Kinderarbeit bis 2005 zu beenden. Zuletzt hatte die Industrie eine Reduzierung der Kinderarbeit um 70 Prozent bis 2020 in Aussicht gestellt. Daraus geworden ist nichts, wie die neue Studie belegt. Die Kinderarbeit hat in den letzten 10 Jahren nicht abgenommen. Gestiegen ist sogar der Anteil der Kinder, die während der Arbeit gefährlichen Chemikalien ausgesetzt sind - auf mittlerweile 24 Prozent.
„Menschenrechte nicht zum Nulltarif“
„Die Unternehmen haben zu wenig gegen Kinderarbeit getan und zu spät damit angefangen“, stellt Johannes Schorling, Referent für Wirtschaft und Menschenrechte bei INKOTA, fest. „Programme zur Bekämpfung der Kinderarbeit erreichen bisher nur einen kleinen Teil der Bauern, auch weil Unternehmen die hohen Kosten für solche Programme scheuen. Menschenrechte gibt es aber nicht zum Nulltarif. Unternehmen müssen bereit sein, die nötigen Kosten für die Vermeidung von Kinderarbeit zu tragen – dazu gehört auch die Zahlung eines existenzsichernden Kakaopreises.“
Armut bekämpfen, Kinderarbeit beseitigen
Um die gravierende Lage nachhaltig zu verbessern, fordert INKOTA die Schokoladenhersteller deshalb auf, ihre Anstrengungen im Kampf gegen Kinderarbeit zu intensivieren. Unternehmen müssen bereit sein, die nötigen Kosten für die flächendeckende Einrichtung von Überwachungs- und Korrektursystemen gegen Kinderarbeit zu tragen. Außerdem müssen die Unternehmen bereit sein, existenzsichernde Kakaopreise zu zahlen, um die Armut der Kakaobauernfamilien zu beenden und dadurch eine der wichtigsten Ursachen für Kinderarbeit zu beseitigen.
Lieferkettengesetz gegen gebrochene Versprechen
Von der Bundesregierung fordert INKOTA ein wirksames Lieferkettengesetz, das Betroffenen von Menschenrechtsverletzungen ermöglicht, vor deutschen Gerichten auf Schadensersatz zu klagen. Die Verhandlungen über Eckpunkte für ein Lieferkettengesetz wurden im Bundeskabinett zuletzt jedoch mehrmals vertagt, weil Wirtschaftsminister Peter Altmaier eine starke gesetzliche Regelung blockiert. „Die gebrochenen Versprechen der Schokoladenindustrie zeigen einmal mehr: Ohne klare gesetzliche Spielregeln kommen wir bei der Bekämpfung von Kinderarbeit nicht weiter“, so Johannes Schorling.