Mosambik: Das Ende der Illusionen
Nach terroristischen Angriffen auf die Küstenstadt Palma mit zahlreichen Toten weitet sich die humanitäre Krise im Norden Mosambiks aus. Der Traum vom Reichtum durch Erdgas scheint geplatzt zu sein.
Am Wochenende sind bei Angriffen von islamistischen Milizen auf die nordmosambikanische Stadt Palma zahlreiche Menschen getötet worden. Die Infrastruktur der Stadt wurde fast vollständig zerstört. Organisationen wie Human Rights Watch zitieren Berichte, wonach die Milizionäre wahllos auf Menschen und Wohngebäude in Palma geschossen hätten. Mindestens 50 Menschen seien dabei ums Leben gekommen. Die Kommunikation in die Stadt ist unterbrochen, die Mobilfunkverbindungen sind gekappt. Auch die INKOTA-Partnerorganisation ORAM ist in großer Sorge um Mitarbeitende und ihre Familien: ORAM unterhält ein Regionalbüro in Palma. Seit dem Wochenende ist kein Kontakt zu den Kolleg*innen in Palma mehr möglich. Die Küstenstadt mit rund 75.000 Einwohner*innen beherbergt ein milliardenschweres Projekt des französischen Energiekonzerns Total zur Erschließung von Flüssigerdgas.
Einwohner*innen Palmas auf der Flucht
Zahlreiche Einwohner*innen Palmas sind vor den Angriffen in die umgrenzenden Wälder oder den nahegelegenen Strand geflüchtet. Fischerboote und Passagierfähren haben die Menschen vom Strand gerettet und in die rund 250 km entfernte Provinzhauptstadt Pemba gebracht. Mitarbeitende des Gasprojekts von Total hatten in einer Hotelanlage in Palma Schutz gesucht. Später wurden sie per Hubschrauber und Lastwagen von privaten Sicherheitsfirmen und vom Militär evakuiert. Auch die Rettungskonvois wurden von den Terroristen angegriffen. Die Lage ist noch immer unübersichtlich.
Total: Ende von Gasförderung in Mosambik?
Total hat angekündigt, weitere Aktivitäten in seinem Erdgasprojekt auszusetzen, bis die mosambikanische Regierung die Lage wieder unter Kontrolle gebracht hat und für die Sicherheit des Vorhabens garantieren kann. Mittlerweile wird die mosambikanische Armee von den USA bei der militärischen Ausbildung ihrer Truppen unterstützt. Auch die frühere Kolonialmacht Portugal hat Hilfe angekündigt. Dennoch ist es fraglich, ob Total das Gasprojekt wieder aufnehmen wird oder ob die Risiken zu groß sind. Mosambik setzt seit Jahren darauf, die leeren Staatskassen durch Einnahmen aus dem Erdgasabbau die füllen. So hofft die Regierung, das Land aus der Armut zu führen. Bisher sind jedoch noch keine Einnahmen geflossen und die Investitionen in das Großprojekt zahlen sich nicht aus. Die Bevölkerung profitiert nicht von den Aussichten auf den Rohstoffreichtum. So wurden bisher kaum Arbeitsplätze für sie geschaffen. Diese Diskrepanz ist einer der Auslöser für den bereits seit einigen Jahren andauernden Konflikt in der Provinz Cabo Delgado.
Mosambik: große Sorgen um Zukunft
Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden in dem Konflikt in Cabo Delgado bereits rund 2.600 Menschen getötet. 670.000 Menschen wurden in die Flucht getrieben, vor allem in die nördlichen Nachbarprovinzen. Eine unabhängige Berichterstattung über das Ausmaß der Katastrophe und seine Ursachen ist schwierig, da der Zugang für lokale und internationale Pressevertreter*innen in die Region stark eingeschränkt ist. Auch die Ausstellung von Visa für Mitarbeitende von internationalen Hilfsorganisationen wird von der Regierung verzögert. Insgesamt sind die Aussichten auf eine schnelle Lösung des Konflikts eher düster und viele Menschen in Mosambik sind in großer Sorge um ihre Zukunft.