Jemand sticht eine Nadel mit Faden durch einen Lederschuh.
Südlink-Magazin

Das Lieferketten-Massaker

Der Profilierungsversuch der FDP auf Kosten der Menschenrechte zerstört Vertrauen in der EU.

von Arndt von Massenbach
Veröffentlicht 28. FEBRUARY 2024

Es war eigentlich nur noch Formsache: Nach zwei Jahren sollte der bereits vom Europäischen Parlament, der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten ausgehandelte Kompromiss zur Lieferketten-Richtlinie im Februar durch den Europäischen Rat bestätigt werden. Mit ihr würden europaweit große Unternehmen verpflichtet, in ihren globalen Lieferketten Menschenrechte und die Umwelt zu achten, gegen Kinderarbeit vorzugehen und bei grober Pflichtverletzung Schadenersatz zu leisten.

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Seit 2010 gibt es das von den Vereinten Nationen verabschiedete Menschenrecht auf Wasser. Doch noch immer haben mehr als zwei Milliarden Menschen keinen gesicherten Zugang zu sauberem Wasser – die große Mehrheit von ihnen im Globalen Süden.

Doch nun droht eines der größten Menschenrechtsvorhaben der EU Opfer der Blockade-Politik der FDP zu werden. Nach Drängen der Wirtschaftslobby macht die Partei auf den letzten Metern eine Kehrtwende und will die Zustimmung Deutschlands zum bereits fertig ausverhandelten EU-Lieferkettengesetz verhindern. Dabei hatte FDP-Justizminister Marco Buschmann die Verhandlungsposition der Bundesregierung maßgeblich mitgeprägt und bis zuletzt mitgetragen.

Entsprechend irritiert sind europäische Partner, die zunehmend an der Verlässlichkeit von Deutschland zweifeln. Als „German Vote“ werden die Enthaltungen der Bundesregierung infolge interner Streitigkeiten inzwischen spöttisch bezeichnet. Die FDP warnt vor überbordender Bürokratie durch das Gesetz und schreckt dabei nicht vor Falschaussagen zurück. Tatsächlich bringt die Richtlinie für deutsche Unternehmen sogar eine Entlastung, weil die Berichtspflichten nach dem deutschen Lieferkettengesetz entfallen und in die EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung integriert würden, die für große Unternehmen ohnehin bereits gilt.

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So wundert es nicht, dass sich die meisten betroffenen Unternehmen gut vorbereitet sehen und laut Umfragen 71 Prozent sogar wirtschaftliche Vorteile von der EU-Regelung erwarten. Die Alternative ist nämlich ein Flickenteppich nationaler Regelungen, der deutsche Unternehmen im Wettbewerb benachteiligen würde. Daher fordern immer mehr namhafte Unternehmen, darunter Nachhaltigkeitspioniere wie Vaude aber auch Bayer, Aldi Süd, KiK und Tchibo Zustimmung zur EU-Regulierung. Doch die FDP ignoriert diese Stimmen und treibt das Foulspiel weiter: Hinter dem Rücken des federführenden Arbeitsministeriums und des Kanzlers bearbeiten die Minister Buschmann und Lindner ihre Kolleg*innen in anderen EU-Ländern, um sie ebenfalls zur Ablehnung des Kompromisses zu bringen.

Dem darf der Bundeskanzler nicht länger schweigend zusehen. Wie zuvor bei der AKW-Laufzeitverlängerung oder der EU-Asylreform muss er ein Machtwort sprechen. Eine Enthaltung Deutschlands, die faktisch wie ein Nein wirkt, wäre nicht nur ein moralisches Versagen, sondern würde langfristig auch der deutschen Wirtschaft erheblichen Schaden zufügen. Und Deutschland überließe es der postfaschistischen Regierung Italiens, als Zünglein an der Waage die Weichen in der EU zu stellen.

Arndt von Massenbach ist politischer Geschäftsführer von INKOTA.

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